Mittwoch, 1. Mai 2013

Last but not least

Ein letztes Mal Hallo liebe Freunde, liebe Familie und die, die sich immer noch hierher verirren,

nach knapp neun Monaten Kanada ist es jetzt auch für mich an der Zeit, die Segel zu streichen und meine Heimkehr anzutreten. Meine Koffer hab ich vollgestopft mit allerlei Mitbringsel und dreckiger Wäsche, die das Herz jeder Mutter höher schlagen lässt. MEIN Herz hingegen ist randvoll mit seelischen Souvenirs und mentalen Fotos, die es in den kommenden Tagen und Wochen zu verarbeiten gilt; und schäumt über vor lauter Vorfreude auf zu Hause.

Viele von Euch haben mich in den vergangenen Tagen gefragt, ob ich traurig sei, dass meine Reise jetzt zu Ende ist. Meine Antwort war immer dieselbe:

"Traurig? Ganz im Gegenteil. Vielmehr dankbar. Ich bin dankbar für die Möglichkeit, diese Reise unternommen haben zu dürfen."

Was ich hier erlebt habe, lässt sich leider nicht einfach so mit zwei drei Worten detailgetreu wiedergeben. Viel zu viele Emotionen und Momente, die den Trip so besonders gemacht haben, schwirren mir die letzten Wochen schon durch den Kopf. Immer wieder tauchen Bilder vor meinem geistigen Auge auf, die mich zum schmunzeln bringen. Seien es beispielsweise die einst Fremden, aus denen Freunde wurden; faszinierende Orte, die ich nun zu meiner zweiten Heimat zähle oder aufregende Abenteuer, die auf ewig meinen Lebenslauf prägen werden. Rückblickend kann und muss ich feststellen, dass es nicht eine Sekunde gab, in der ich diese Reise bereut habe. Nicht eine Entscheidung, die ich anders fällen würde, stünde ich erneut vor ihr. Dieser Gedanke erfüllt mich mit innigster Zufriedenheit und lässt mich frohen Mutes nach vorne blicken.

Doch wie alles im Leben hat auch dieses Kapitel ein Ende. Und jedes Ende birgt bekannter Maßen einen Anfang in sich. Anfänge wiederum bringen zweifelsohne Ungewissheit mit sich. Während der ganzen Ereignisse, die ich durchlebt habe, bin ich jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass uns der Aufbruch zu neuen unbekannten Ufern keinesfalls beängstigen sollte. Genauer hingeschaut, stelle ich fest, dass es eben diese Unbekannte ist, die uns am Ende eines jeden Abschnitts auch Hoffnung schenkt. Vor uns entfalten sich neue Abenteuer; zwar auch neue Hindernisse, die überwunden werden müssen, aber es bietet uns auch die Möglichkeit zu wachsen und uns weiter zu entwickeln. Gestärkt werden wir dabei vom Glauben und der Zuversicht, die uns an die Hand nehmen und uns sagen, dass am  Ende alles gut ausgehen wird.

Jedes kleine Abenteuer - mag es auch noch so unscheinbar oder alltäglich erscheinen - ist eine nicht ganz unwesentliche Zutat für einen Cocktail, der sich unser Leben nennt. Sie sind die Olive in einem Martini. Die Limette in einem Cuba Libre. Die Wichtigste ist jedoch eine andere. Die Rede ist von der Liebe. Sie verleiht unserem Drink die schillernden Farbe. Sie vermag schäbiges Grau in leuchtendes Bunt zu verwandeln. Sie ist es, die auf der Zunge prickelt und uns schweben lässt. Darüber hinaus ist sie außerdem das Stichwort, das mich zu dem Punkt bringt, an dem ich mich bei allen bedanken möchte, die mich/ uns auf meinem/ unseren "kleinen" Ausflug begleitet und unseren Einträge verfolgt haben. Euer Interesse hat mich/ uns motiviert, Euch so gut und oft es ging mit neuen Bildern und Geschichten zu versorgen und vielleicht an und ab auch ein Stück weit zu unterhalten.

Danke an meine Familie, die mich auch über die Weiten des Atlantiks hinweg ungebremst unterstützt hat.
Danke an alle Freunde, die mir unentwegt Mut zugesprochen, an mich gedacht und mich über die Geschehnisse aus der Heimat auf dem Laufenden gehalten haben.
Danke an all diejenigen, die mir und Stefan hier in Kanada vor allem zu Beginn auf die Beine geholfen haben. Sei es, indem sie uns Arbeit oder ein Dach über dem Kopf gewährt haben oder, indem sie uns einfach gute Freunde waren. Auch wenn eben diese Personen die letzten Zeilen vielleicht gar nicht lesen oder sie mit dem Google-Translator ins Unkenntliche verunglimpfen werden, so wissen sie doch, dass wir Ihnen auf ewig zu Dank verpflichtet sind.

Abschließen möchte ich jedoch nicht mit solch rührseligem Geschwätz, sondern mit erfreulichen Nachrichten für alle Zuhausegebliebenen:

Hawaii - eine einzige Katastrophe! Ein absolutes Disaster. Man hatte Daniel und mich zwar im Voraus schon gewarnt, aber derartig schrecklich hatten wir es uns in unseren kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Ganz ehrlich. Ich beneide Jeden, der zu Hause bei angenehmer Kühle seine Winterdepressionen in vollen Zügen ausleben konnte.

Hier die Beweisfotos der Misere:













































Ich denke, mit diesen erschreckenden Eindrücken sollte ich Euer Mitleid auf meiner Seite haben. Ich freu mich auf Eure tröstenden Schultern.

Im Grunde bleibt mir nichts weiter übrig, als zu sagen:: 

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit.

Stefan, stell mir schon mal ein Bier kalt. Ich komm gleich nach :)

Ich freue mich auf Euch,

Euer Felix





P.s. Jeder von Euch, der jetzt voller Enttäuschung meint, er habe bereits alle Fotos unserer Reise   
       gesehen, dem kann ich voller Stolz verraten, dass ich in den finalen Zügen meines dreieinhalb      stündigen Referats stecke, das noch nie gezeigtes Foto - und Videomaterial beinhalten wird. Außerdem halte ich es nur für fair, wenn ich mir die Zeit nehme, um diesen Vortrag mit jedem individuell zu analysieren und diskutieren. Wer sich schon jetzt eine CD sichern möchte, der sollte rasch auf meine unten angezeigte Fanpage klicken und sich ein Exemplar vorbestellen. 
(Solange der Vorrat reicht.)

www.glaubtmirbloßkeinwort.de






Dienstag, 2. April 2013

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche


Ratatat ratatatat tatat ratatat… 
schlagen die Bestellungen eine nach der anderen wie Kugelhagel in der Küche ein. Unermüdlich quält der Küchendrucker seine Dienstleistungssklaven mit nie enden wollenden Ordern. Tiefschwarze Rauchschwaden steigen aus den lodernden Flammen des Grills empor. Die sadistische Hitze treibt dem Trupp den Schweiß auf die Stirn.

Jarrod (Australien)
Ratatat ratatatat tatat ratatat. Kein Ende in Sicht. Erbarmen hat sich vor langer Zeit  schon aus dem Staub gemacht. Im Ofen spielt sich eine Schlacht epischen Ausmaßes ab, die Sodom und Gomorrha gegen dieses apokalyptische Inferno wie Kinderspielplätze auf der Sesamstraße aussehen lassen.

Ratatat ratatatat tatat ratatat. Hinter der Tür lauert sie. Die wilde Horde. Gierig und vom Hunger zur Erbarmungslosigkeit getrieben. Fresszombies, die ihr Sättigungsgefühl auf dem Schnitzelfriedhof begraben haben. Mehr, mehr, immer mehr. Doch die Bastion hält stand. Noch. Tapfer kämpft des Herdes Heer gegen die dunkle Bedrohung.

Zähflüssig tropft Tomatenketchup wie dickes Blut von der Tischkante auf die unzähligen Fritten herab, die sich wie gefallene Kartoffelkrieger am Boden liegend ihrem Schicksal ergeben haben. Die Niederlage scheint gefährlich nah. Doch just in jener Sekunde, als alle Hoffnung zu erlöschen droht, betritt ein einsamer Söldner das Schlachtfeld. 
Kanadalf der Heiße

Ein schwarzer Ritter. Bereit, seinen Kameraden bis zum bitteren Ende zur Seite zu stehen. Seine Waffen: Mut, Verstand, Ausdauer und 90 Liter 200 Grad heißes Frittierfett… 

"Fliehen ist zwecklos, ihr Narren"
Zielstrebig und hartnäckig frittiert er jedes Hühnchen, das es wagt, sich ihm in den Weg zu stellen.

Aber Ernst beiseite! Mal ganz im Spaß, so trostlos und düster sehen die Arbeitstage dann doch nicht (immer) aus. Zwischen den vielen stressigen Momenten findet sich zum Glück immer noch genug Zeit für ein Lachen in unserer Multikulti-Küche:
Ashley (Kanada)

Fabricio (Brasilien)
Nolan (USA)
Jessie (Wales)








































Da mir durch die ganze Schufterei leider nicht viel Freizeit bleibt, versuche ich mich in den wenigen Momenten der Freiheit an der frischen Luft zu regenerieren. 
Überzeugt euch selbst.


30. März: 15 °C

1. April: 18 °C...und bei Euch?
                                 
Wackliger, als erwartet
Tiefenentspannung sieht anders aus

Meine Aussicht

Daniels Aussicht
Hot Dog + Wasser = Null Dollar

Sonnenuntergang am English Bay

Fand ich nicht so nett,
 dass mich der Arsch hinter mir
nachgeäfft hat

So genieße ich meine Tage in vollen Zügen. Wohl wissend, dass ich heute in einem Monat wieder in good old Germany lande.

Nicht mehr lang liebe Freunde und Familie. Nicht mehr lang...

Felix






Montag, 18. März 2013

The Lord of the Wings


Liebe Grüße,
Felix

Freitag, 1. März 2013

Oh Herr, ich habe gesündigt

Bei mir ist es gerade kurz nach 22 Uhr, meine Mitbewohner sind alle ausgeflogen. Für ein paar Stunden gehört das Apartment also mir. Mir ganz allein. Doch anstatt nackt im Flick Flack durch die Wohnung zu springen und anstößige Abdrücke auf dem Fensterglas zu hinterlassen, sitze ich lieber im Wohnzimmer auf unserem etwas verschlissenen Ledersofa. Angezogen! Vor mir nur mein Laptop und Bob Marley, der sich über die Kopfhörer in meine Gehörgänge swingt. Der Raum schlummert im warmen Licht der offenen Küche. Draußen plätschert der Regen gelangweilt vor sich hin, so wie er es schon die letzten Tage getan hat. Wäre es ein paar Grad kälter, würde es sicherlich schneien. Aber das hat es hier schon seit Ewigkeiten nicht mehr. Ironischer Weise hat das hier fast was von Frühling. Entgegen aller meiner Erwartungen an die klirrende Kälte Kanadas.

Endlich habe ich mal wieder Zeit gefunden, eine elektronische Leuchtrakete in den Bloghimmel zu schießen, die Euch wissen lässt, dass ich noch am Leben bin.
Doch gleich vorneweg: Wer von Euch verhätschelten Gefolgslmännern und -männinen allerdings ein derartiges Feuerwerk an Bildgewalt und Witz, wie beim letzten Eintrag erwartet, den muss ich enttäuschen. Dafür ist in letzter Zeit einfach zu wenig passiert. Die Ereignisarmut der vergangenen Wochen hat auch einen (guten) Grund. 
Es fällt mir weiß Gott nicht leicht, aber es ist für mich an der Zeit, einen ernsteren Ton an zu schlagen. Es handelt sich um folgendes. Ein längst besiegt geglaubter Dämon hat mich nach Monaten der Askese unverhofft heim gesucht. Eine Sucht, gegen die ich seit Jahren vergebens ankämpfe. Viel zu lange schon habe ich es abgestritten, mir in die eigene Tasche gelogen, gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Doch jetzt bin ich an einem Punkt angekommen, der mir keine andere Wahl lässt, keinen Fluchtweg mehr bietet. Ich habe nur dann eine Chance, wenn ich mich der Öffentlichkeit stelle und ihr die brutale Realität serviere. Der Moment der Wahrheit ist gekommen

Jawohl, ich bin ein Workaholic.

Und ein ganz übler obendrein. Wie schon erwähnt, konnte ich mich etliche Monate der Versuchung entziehen. Jedem verlockenden Jobangebot habe ich die kalte Schulter gezeigt. Doch nach einem nächtlichen Anfall von Angstzuständen und Schüttelfrost vermochte ich meinem Verlangen nicht länger zu widerstehen. Ich habe mir einen Job gesucht. Zu Beginn vom Stress noch paralysiert, habe ich mich schnell in einen Rausch malocht. Wie wir wissen, liegt die Gier in unserer Natur. Und eben jene war es auch, die mich jetzt dazu getrieben hat, mir auch noch einen zweiten Job zu suchen. Je mehr ich dagegen ranklotze, desto tiefer sinke ich im Dienstleistungssumpf. Das Klacken der Stechuhr wie eine tickende Zeitbombe.  Verdammt sei er, dieser Teufels-Arbeitsablauf ! 


Die gute Nachricht ist, ich habe mir Hilfe in Form eines Therapeuten geholt. Ab und an unternehmen wir gemeinsam etwas. Dinge, die nichts mit Arbeit zu tun haben. Das sei äußerst wichtig, behauptet mein Therapeut. Deshalb schauen wir uns die Stadt an, besuchen Eishockeyspiele oder bekämpfen zusammen Ungeziefer.

Ein bis zwei Mal die Woche halten wir zusätzlich eine Sitzung ab, in der wir uns mittels diverser
Betäubungsmittel in hypnose-artige Zustände begeben.
Ein "transzendentes tête-à-tête", wie er es nennt.











Für Ende April hat er mich für ein einwöchiges Rehabilitationsprogramm auf Honolulu angemeldet. Dort soll ich mich fern vom Alltag und jeglicher Arbeit ausruhen und neue Kraft tanken. Ich denke, das wird mir ganz gut tun (meint mein Therapeut jedenfalls).


All den Leidensgenossen da draußen, die ebenfalls unter dieser Abhängigkeit leiden, denen möchte ich Mut zu sprechen und sage:
Keine Macht dem Working Holiday! 
Nur Holiday tut´s auch.

Und meine lieben Freunde, ich zähle auf Eure Unterstützung in dieser schweren Zeit.

Alles Liebe,

Euer Felix